Der IWF vor der schwierigsten Reform - der eigenen
Als sich im Frühjahr und Frühsommer 1998 die Zahlungskrise
Russlands abzeichnete, deckten sich clevere Kurzfristanleger wie Soros und Konsorten noch en gros mit Schuldverschreibungen ein, die mit dem Versprechen von Schleudererträgen
ausgegeben wurden. Felsenfest war die Annahme, daß eine drohende Insolvenz vom IWF schon mit weiteren Liquiditätstranchen und bailouts behoben werden würde. Ein
Wink des amerikanischen Finanzministeriums würde genügen, es schien eine sichere Wette. Fatal war dann nur, daß der amerikanische Finanzminister Rubin gerade in dem
entscheidenden Augenblick vor der Erklärung der Zahlungseinstellung nicht erreichbar war. Default beim Fischen in Alaska - der unerwartete sovereign default Russlands damit
unausweichlich. Seither hat sich Soros auch immer mehr der philanthropischen Arbeit gewidmet, über die Neuordnung des globalen Finanzsystems nachzudenken oder nachdenken zu lassen.
Im Falle Argentiniens konnte sich der Handel mit Papieren von
Schwellenländern und -werten viel mehr Zeit lassen - aber auch hier ist seit dem 20. Dezember das Unwort gefallen, dessen Nennung und Wirksamkeit die internationale Finanzwelt seit
1982 zu unterdrücken versucht hat: Moratorium. Les jeux sont faits.
Nun entfährt dem Economist beim Betrachten eines Staates in Selbstauflösung auch nur noch eine geraunte Hoffnung:
The holders of Argentina`s external debt, which accounts for the
bulk of the total public figure of $155 billion, are institutions of one sort or another. Most are giving Mr Duhalde time to come up with a plan. A negotiated rescheduling seems the most likely outcome
since it would be in nobody`s interest for Argentina to repudiate the outstanding amount.
Auf die Aushandlung einer Umstrukturierung zu vertrauen oder gar zu hoffen, daß nach einer unvermeidlichen Freigabe des
Peso-Wertes zum Dollar die Republik Argentinien die Last einer rechnerisch im Verhältnis zur Abwertung der »nationalen« Währung vergrößerten Gesamtschuld irgendwann wieder zu
bedienen gewillt sein könnte, ist eine Illusion, die man vielerorts vielleicht nährt, aber offenbar nur in der Londoner City auszusprechen wagt. Irgendwann wird man das dröhnende Echo
der verprügelten Töpfe und Pfannen auch in der Londoner City, in Lower Manhattan und rund um den Euro-Tower in Frankfurt vernehmen.
Es sieht gegenwärtig und für lange Zeit nicht danach aus, als wäre ein herkömmliches »rescheduling« mit »conditionalities«
zwischen Gläubigerinstituten und argentinischen Schuldnern (Provinzen und Staat), mit dem IWF als Aufseher und Financier der letzten Instanz, unter dem jetzigen Präsidenten und der
Parlamentsmehrheit, die ihn gewählt hat, zu erzielen. Zur Steuerpacht-Statthalterschaft eignet sich diese Präsidentschaft nun nicht mehr.
Darum sind die Staatsgläubiger, wie der Economist in einem anderen Bericht vermeldet, über die Aussichten nicht so
gelassen, wie sie nach außen durch diskretes Schweigen erscheinen wollen. Das Stimmungsbild der letzten Ausgabe vom 03.01.02:
Yet the sympathy of these and other bondholders does not extend
to giving up their rights. They have been infuriated by the eloquent arguments of Nouriel Roubini, a professor of finance at the Stern School of Business in New York. Mr Roubini maintains, in a paper published on December 21st, that foreign bondholders should accept
more pain in a sovereign-debt rescheduling than do domestic creditors. That is because pain is being borne domestically in so many other ways: through austerity packages, frozen bank
deposits, reduced pensions and so forth. Meanwhile, foreign bondholders are often bailed out thanks to finance from multilateral agencies such as the International Monetary Fund.
The foreign bondholders are doubly alarmed because Mr Roubini, a
former adviser to the American Treasury, is in close contact with the IMF. “A bond is a bond and must be paid,” one institutional investor fumes. Another says that Argentina is so far from addressing its
real problems—including overextended provincial finances and endemic corruption among politicians—that the IMF should simply walk away and stay away.
So wird es wohl sein, in »enger Verbindung« mit einigen Gremien des IWF, wo man im Angesicht dieser Staatsinsolvenz
von historischem Ausmaß schon um einiges weitergedacht zu haben schien. In Ihrer Rede am 26. November 2001 beim »National Economists` Club Annual Members` Dinner« des
American Enterprise Institute in Washington über die »International Financial Architecture for 2002: A New Approach to
Sovereign Debt Restructuring« hatte die Erste Stellvertretende Geschäftsführende Direktorin des IMF, Anne O. Krueger, eine
neue Zielsetzung des Währungsfonds bei der Behandlung von »unsustainable debts« umrissen:
Our aim would be to create a catalyst that will encourage debtors
and creditors to come together to restructure unsustainable debts in a timely and efficient manner. This catalyst would take the form
of a framework offering a debtor country legal protection from creditors that stand in the way of a necessary restructuring, in exchange for an obligation for the debtor to negotiate with its
creditors in good faith and to put in place policies that would prevent a similar problem from arising in the future. The mere knowledge that such a framework was in place should encourage debtors and
creditors to reach agreement of their own accord. Our model is one of a domestic bankruptcy court, but for a number of reasons it could not operate exactly like that. It is better to think of it as an
international workout mechanism.
A number of our members have expressed a desire to move in this
direction. We look forward to discussing our ideas with the Fund`s Executive Board next month. But even with unanimous political
support this approach could not be in place for at least two or three years. So none of what I have to say tonight has implications for our current negotiations with member countries - Argentina and
Turkey, for example.
Nur mit ihrer letzten Feststellung könnte sie sich noch sehr geirrt haben - auch um bei den ausbrechenden Protuberanzen in
Argentinien nicht mit versengt zu werden. Doch gerade Dahinsiechen und Selbstvernichtung eines potentiell wohlhabenden Gemeinwesens wie Argentinien unter dem länger
als 20 Jahre andauernden Regime des IWF gebieten es zwingend, hier und heute mit einem neuen »approach« den Anfang zu machen.
In einem Moment, wo nicht nur dieses eine Moratorium Argentiniens zum Vorbild für Staaten in Schwierigkeiten und
damit zur ansteckenden Krankheit werden könnte, würde sich auch das »Vertrauen der Anleger« in Werte von Schwellenländern verflüchtigen und das von IWF, den Staaten
der G-7, vor allem aber vom US Treasury Department gegenüber diesen Ländern kollektiv durchgehaltene »containment« zum Zerreißen bringen. Vielleicht kann eine völlig neue Methode zur
Bewältigung von uneinbringlichen Schuldforderungen gerade bei den Fachleuten eines Landes offene Ohren finden, in dem die Grundsätze für Insolvenzverfahren gegenüber municipalities (und
solche Körperschaften und Gemeinwesen als Rechtsträger sind auch »sovereigns«) bereits höchstrichterliche Spruchpraxis sind.
Gegenüber einem denkbaren Kollaps der internationalen Finanzordnung ist die beschleunigte Anerkenntnis von
Insolvenzverhältnissen ebenso wie die rasche Wahrnehmung von Insolvenzverfahren nach dem Vorbild des Chapter 9 im US-amerikanischen Konkursrecht, wie in dem umfangreichen Papier von Prof. Raffer dargelegt, vermutlich der einzige Ausweg.
Denn nur mit diesem sowohl auf die Auslandsschulden als auch die interne Staats- und Körperschaftsverschuldung
anzuwendenden Rechtsinstitut lassen sich sowohl Gemeinwohl wie Gesamtproduktivkraft einer »nationalen« Ökonomie wiederherstellen als auch der Totalverlust aller ausländischen
Forderungen an einen Souverän vermeiden, der letztlich als Buchwert- und Steuerverlust in die Herkunftsländer der Kapitalanlagen und -anleger durchschlagen müßte. SvZ
Es sieht so aus, als könnte die Deutsche Bank seit dem Ableben von Abs Brillianz nicht mehr ertragen, schon gar nicht in einem
Vorstand von Gleichen.
Erst Herrhausen, dann Fischer. Köpfe, die unter dem Globalen das Ganze (der globalen Bezeihungen und Institutionen) und
nicht nur den Freihandel über alle Gemeinwesen und deren Gesetze hinweg verstehen (wollen), werden so oder so ausgeschieden.
Über die Gründe des Ausscheidens von Dr. Thomas Fischer aus dem Zentrum der Kriegskasse der Bank hat die Öffentlichkeit
nichts weiter in Erfahrung gebracht oder wissen wollen. Es kann dabei kaum nur um die Steuervorteile des Bankenplatzes London für Bankmanager und auch nicht lediglich um eine passende
Führungsstruktur für einen Führer unter nicht mehr ganz so gleichen gegangen sein. Der im weltweiten Risikomanagement kundige und erfahrene Fischer hat nun in einem Interview sachte
und diskret einige “Ungleichgewichte” und “Volatilitäten” angesprochen, eigentlich nur angedeutet, über die er viel mehr weiß, aber dies besser nicht ausspricht. Die tatsächlich
ablaufenden täglichen Handelsgeschäfte würden jedem Außenstehenden, der sie nur annähernd begreifen könnte, den Atem rauben, und manchem Insider, würden sie bekannt,
vermutlich so viele Vorwürfe und auch Anklagen eintragen wie den von der Enronitis befallenen Beteiligten am Desaster einer Energiehandelsfirma, die ein Derivathandelsladen war. SvZ
Thomas Fischer im Interview mit Spiegel Online
Die Globalisierung wird falsch betrieben
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